VIA ALPINA 2018: Der Erlebnisbericht von Brigitte

Nach einer Woche Sportpause war ich endlich wieder laufen. Ich habe mich gefreut auf meine Runde. Die Ernüchterung kam aber bereits nach ein paar Metern. Die Hunde waren kaum zu bremsen, meine Beine hingegen kaum zu motivieren. Muskelkater hat man nicht nach rund 350 Kilometer und 24'000 Höhenmeter. Aber der Körper ist müde und schwer. Für die Hunde kaum nachvollziehbar, vor 2 Wochen waren sie noch 6 Mal pro Woche im Gantrischgebiet und haben pro Training zwischen 500 und 1000 Höhenmeter zurückgelegt. Ich bin erstmals einem für mich relativ hartem Trainingsplan, gespickt mit tausenden von Höhenmetern, gefolgt und habe mich nach den Trainings oft gefragt, ob es nicht doch zu streng ist. In meiner Via Alpina-Woche hat sich gezeigt, dass es das einzig richtige Training war. Merci Guillaume Anezo!
Aber beginnen wir von Anfang an.

Etappe 1: Montreux-Kandersteg

Mittwoch, 5. September, 6.10 Uhr. Anja und ich starten nach einer kurzen Nacht in Burgistein am See in Montreux. Karin übernimmt ihre Betreuerrolle genau so früh und spricht uns gut zu. Wie immer rattert sie noch überaus professionell die letzten Punkte ab: Sind alle Flaschen gefüllt, läuft der Tracker, die Uhr, sind die Handys aufgeladen …

Wir laufen los. Mit dem Einstieg in die Route tun wir uns etwas schwer und verlaufen uns diverse Male. Dann endlich ist auch meine Suunto «George» zufrieden mit unserer Wegwahl.

Anja läuft vor. Ich bin etwas müde und haste hinter ihr her. Ich frage mich, wie Anja jemals auf die Idee gekommen ist, dass ich besser trainiert sei als sie. Langsam finde ich auch einen Rhythmus und wir machen uns stetig an den ersten Anstieg. Wir sprechen nicht viel. Es kommt mir vor, als ob ich Anja seit Jahren kenne und wir nie getrennt gelaufen sind. Ich kenne Anja vom Dragons Back Race, 320 Kilometer quer durch Wales. Ich bin am Anfang des Rennens ca. 1 Stunde hinter ihr gelaufen. Gesprochen haben wir insgesamt etwa 15 Minuten. Immer, wenn ich Anja sah, hat sie gestrahlt. Als sie mich im Frühling gefragt hat, ob sie mitlaufen kann, wusste ich sofort, dass ich sie unbedingt dabeihaben will. Einmal mehr konnte ich mich auf mein Bauchgefühl verlassen: Anja war ein Segen!

Als die Sonne aufgeht, haben wir gleichzeitig Hunger und geniessen den schönen Ausblick auf Montreux. Der Rast ist kurz, wie alle kommenden Raste. Anja passt auf meinen Laufrhythmus wie ein Deckel auf die Pfanne.

Wir kommen gut voran. Es stellt sich heraus, dass Anja ein gutes Downhill-Tempo hat und ich geniesse es abwärts, mich auf ihre Schuhe konzentrieren zu können. Aufwärts wenden wir den Spiess um und ich gehe nach vorne.

Wir trinken viel, volle Bäche treffen wir selten an in der Westschweiz. Wir kommen an einem abgelegenen Bauernhof vorbei. Der Bauer erklärt uns, dass wir vom Brunnenwasser trinken können. Das Wasser hat eine weisse Farbe und wir trauen der Sache nicht. Der Bauer bestätigt, dass sie dieses Wasser auch trinken. Anja und ich müssen etwas lachen, da die Bauern etwas speziell sind. Kommt dies etwa vom Wasser? Erfreulicherweise können wir der Bauernfamilie Rivella abkaufen und wir verzichten auf das weisse Wunderwasser mit der Spezialwirkung.

Karin meldet sich, dass sie in Chateau-d’ Oex anwesend sein wird und wir uns Essen und Trinken wünschen können. Eigentlich habe ich erst in Kandersteg mit ihr gerechnet und ich bin ihr, dort angekommen, enorm dankbar. Der Rucksack gibt nämlich schon nach 4 Stunden nicht mehr das zu Essen her, was man sich wünscht: Nussgipfel, Milch und Rivella.

Wie immer nach einem kurzen 15 Minuten Rast fällt uns das Anlaufen schwer. Wir merken, dass unsere Rucksäcke zu schwer sind und wir zu langsam vorwärtskommen. Wir ärgern uns, dass wir nicht etwas Ballast an Karin abgegeben haben. Daunenjacke und Biwaksack bräuchten wir erst ab Gstaad. Das Gewicht schlägt auf die Beine und wir fühlen uns bereits nach 50 Kilometer schwer. Ich weiss, dass es bei mir nicht nur das Gewicht ist: Tag 1 ist immer hart. Mein Körper muss sich zuerst aufwärmen. Nach 80 Kilometer wird es besser werden.

Wir erreichen den Col de Jable. Anja freut sich, dass sie auf dem Gipfel ein Häuschen mit Schweizerfahne sieht. Schweizerfahne bedeutet Restaurant. Das meint leider nur sie. Die Ernüchterung ist gross, dass Alpbauern generell gerne Fahnen gehisst haben, ohne etwas zu verkaufen. Anja fällt in eine kleine Krise. Sie lässt sich kaum etwas anmerken und strahlt weiterhin. Es ist unglaublich, wie schnell man sich an einem solchen Lauf kennenlernt, ohne gross zu sprechen. Es ist, als würde man als einen Körper durch die Berge ziehen. Man spürt den anderen, leidet insgeheim mit und hofft, dass die Krise bald durch ist. Zum Glück kommen unsere Krisen versetzt. 

Wir erreichen Gstaad und Karin hat sich ein Haus ausgesucht, wo wir uns an die Hausmauer lehnen dürfen. Die Hausbewohner kümmern sich liebevoll und wollen uns diverses Material mitgeben. Wir bedanken uns und sind einmal mehr dankbar um Karins Organisationstalent: Sie war in einer Bar und hat uns alkoholfreies Bier und Popcorn besorgt.

Ich tape meine Füsse neu. Bis jetzt haben sie sich gut gehalten. Blasen sind aber im Anmarsch.

Karin ist in engem Kontakt zu Ralph Näf, der sich freundlicherweise unserem Risiko- Wettermanagement angenommen hat. Er erwartet Donnerstag gegen Abend heftige Niederschläge und Gewitter. 

Anja und ich laufen los, noch ist der Donnerstag nicht unser Problem Nummer 1. Wir wollen um ca. 22 Uhr Lenk erreichen. Dort soll Karin mit einer warmen Mahlzeit auf uns warten. Anja merkt, dass sie warme Mahlzeiten braucht und mir schadet es sicher auch nicht, jedoch kommen mir nun meine etwas lausigen Essgewohnheiten zu Hause zu Gute: Ich kann auch gut von Brot, Käse und Schokolade leben.

Der Weg am Fluss entlang ist lange und relativ flach. Wir haben ein gutes Tempo und fühlen uns mit weniger Ballast gut.

Dann kommen wir zu einem Wegweiser. Lenk ist zweimal angeschrieben in zwei Richtungen. Wir schlagen den kürzeren Weg ein (5h45). Nach einer Weile steigt George aus, dann die Garmin von Anja. Wie dumm, dass wir beide die Uhren haben laufen lassen. Es soll uns eine Lehre sein. Aber ich habe ja die Via Alpina App. Ich versichere Anja, dass wir richtig sind und wir kraxeln einen steilen Berg hoch. Dann klingelt mein Telefon: Karin erklärt mir, dass wir total falsch laufen. Trackmaxx hat sie um 21 Uhr informiert, dass wir die Route verlassen haben. Danke Michael Schild und Reto Zaugg für diese 24-Stunden-Betreuung!

Anja schaut auf meine App. Sie zoomt. Oh, zoomen? Wir sind total weg von der Route. Zoomen wäre die richtige Handhabung gewesen. Anja bleibt ruhig. Jede andere Person hätte mich angeflucht. Wir gehen alles zurück. Zurück zum Bach, und laufen nun dem anderen Wegweiser Richtung Lenk nach.

Wir haben mindestens 1 Stunde verloren. Anja beisst den Gipfel hoch, sie braucht eine anständige Mahlzeit. Ich beisse den Gipfel hinunter, ich brauche neue Tapes an den Füssen.

Wir wissen, dass sich an der Lenk kein Restaurant mehr finden lässt, das uns etwas serviert.

Um Mitternacht erreichen wir Karin. Sie war wie immer erfinderisch und stellt uns einen warmen Hotdog und warmes Wasser auf. Beides konnte sie der Dorfdisco abkaufen. Wir sind müde. Anja und ich müssen das erste Mal seit fast 24 Stunden schlafen und suchen vergeblich nach einer nicht allzu kalten Unterkunft. Die Disco ist bereits geschlossen, die Bank auch, die Kirche auch. Bleibt nur der Strassenrand und der Biwaksack.

Hochgelobt habe ich den Sack. «Einfach abliegen kann man damit und schlafen, wo immer man will.» Ich könnte mich ohrfeigen für diese Schnapsidee. Es ist kalt, nass und der Boden ist hart. Ich schlafe keine Sekunde, Anja ein paar Minuten. Die Schnecken haben bereits nach 1 Stunde die Laufschuhe eingenommen und ich muss meine Aversion gegen die glibberigen Tiere ausblenden.

Wir gehen weiter. Ich bin schon fast froh, kann ich laufen. Zu kalt und nass war das unbequeme Schlafgemach. Der Hahnenmoospass mit 1950 Höhenmeter erlaufen wir relativ einfach. Erstaunlich, was 1 Stunde Ruhen ausmacht. 

Anja läuft wieder vorne Richtung Adelboden. Wir erreichen das Dorf um 6 Uhr morgens und sind zufrieden mit uns. Noch zufriedener sind wir, als wir den Kiosk erreichen, der Kaffee und warme Brötchen verkauft. Radio Energy läuft und ich weiss, dass wir die Westschweiz endlich hinter uns gelassen haben.

Gestärkt und im WC etwas aufgefrischt, wenn man das so nennen darf, gehen wir weiter. Ziel ist die Bunderchrinde auf 2385 Meter.

Der Aufstieg ist wunderschön. Beflügelt von der Schönheit dieses einsamen Berges gehe ich voraus. Es ist einer der Berge, den ich wiedersehen möchte. Oben angekommen, gibt es einen kurzen Schoggistop. Wir sind stolz auf uns und guten Mutes. Das Ziel Kandersteg liegt nicht weit vor uns und wir werden Kandersteg sogar on time erreichen.

Etappe 2: Kandersteg-Grindelwald

Donnerstag, 6. September, 10.30 Uhr. Wir laufen in Kandersteg ein. Freude herrscht: Karin ist da, Connie und ihre Tochter Seraina wollen bis Griessalp mit uns mitlaufen, Armon ist ready und Corinne, Gereon, Nicole von Chance Swiss und Morena sind da. Auch da ist Anni, meine gute Sportsfreundin aus Burgistein und sogar Andrea Huser ist anwesend. Wir bekommen eine warme Pastamahlzeit und Anja nimmt sich die Zeit, ihre Zähne zu putzen. Meine werden bis Sonntag ungeputzt bleiben. Es ist schön, mit Gesellschaft zum Hohtürli zu laufen. Aber bald stellt sich bei mir eine satte Krise ein. Obwohl ich sicher 8 Liter Cola getrunken habe an diesem Tag, fühle ich mich wie eine Nierenpatientin, deren Trinkmenge man rigoros einschränkt. Mein Mund ist staubtrocken und ich habe das Gefühl, verdursten zu müssen. Anni, meine liebe «Schwester Anni», trägt ihren Namen zum ersten Mal zurecht. Sie füllt meine Flaschen minütlich mit Engelsgeduld und scheut keinen Weg, um an frisches Quellwasser zu kommen. Merci Anni! Armon legt ein ordentliches Tempo an und ich frage mich, ob er das über längere Zeit so halten kann.

Das Hohtürli auf 2774 Meter erreiche ich auch dank Seraina, die mir von ihrem Praktikum als Hebamme vorschwärmt. Ich erinnere mich an Hannahs Geburt zurück und finde, dass es mir hier, müde am Berg, 1000 Mal besser geht. 

Auf der Blümlisalphütte werden wir von Housi und seiner Frau herzlich empfangen. Es gibt alkoholfreies Bier und Chips. Die Ruhe des Hüttenwartes und einmal mehr die Absprache zwischen ihm und Ralph bezüglich der Wetterlage geben mir ein gutes Gefühl.

Genau als wir die Hütte verlassen, setzt Regen ein. Es ist kalt und der Abstieg technisch. Anja geht wie immer bergab vor und es stellt sich sofort eine Ruhe und Geborgenheit bei mir ein. Anni läuft dicht hinter mir und ich schätze ihre Anwesenheit einmal mehr sehr.

In der Griessalphütte stossen wir durchnässt auf eine Überraschung von Karin. Es gibt ein Massenlager, in welchem wir uns 1h ausruhen dürfen und eine warme Suppe. Die Suppe ist unglaublich gut, ebenso die Käseschnitte mit Ei und Speck. Wenig später trudeln Ralph und Karin ein. Ralph wird uns über die kritische Passage Sefinenfurgge, 2612m bringen. Das Risiko, in der Nacht und bei heftigem Regen zu laufen ist ihm zu gross. Wir sind ihm alle dankbar. 

Der Schlaf stellt sich auch im warmen Massenlager kaum ein. Der Regen ist so stark, dass man vor lauter Lärm nicht in den Tiefschlaf fällt. Dösen reicht, das haben wir bereits gelernt.

Feldweibel Karin weckt uns nach 1.5h. Wir müssen los. Der Regen soll bald aufhören. Das tut er nicht- aber alles kannst Du nicht voraussehen Ralph- wir verzeihen Dir😊

Ich übernehme den Lead bergauf. Hinter mir Anni und Anja. Armon scheint müde zu sein und fällt etwas zurück. Ich bin froh macht Ralph das Schlusslicht. Ich hätte keine Energie, von meinem Tempo abzuweichen. 

Wir erreichen die Sefine und ich könnte weinen vor Freude. Nicht weil die verfluchten 40? Treppenstufen kurz vor dem Gipfel geschafft sind (ich fühlte mich wie am Hillary Step am Everest: Kein Sauerstoff und keine Energie in den Beinen), sondern weil wir endlich in meiner 2. Heimat sind: die Berge von Mürren!

Hier waren wir oft als Kind. Matere und Pad haben Sugus gestreut und ich habe statt zu jammern vergeblich nach dem orangen, liebenswerten Männchen Ausschau gehalten und brav die Aufstiege gemeistert. Wie alt waren wir da? 4? 5? Ich weiss es nicht. Das Hirn nimmt sowieso ein wenig ab. Ich denke nicht mehr viel. Setzte nur einen Fuss sicher vor den anderen und sehe bereits das Chalet meiner Mutter (Matere) vor mir. Wie wir klopfen und meine Matere wie immer voller Energie die Türe öffnen wird und uns willkommen heissen wird. Ich vergesse, dass es wohl erst 3h am Morgen sein wird und meine Matere wohl schlafen wird. 

Der Abstieg übernimmt Anja. Das Brindli ist wie erwartet bissig. Es war bereits als Kind nicht mein Lieblingsberg.

Wir sind so nass, dass ich kalt bekomme und ich bin froh, dass Anni mich weiterhin mit ihrer guten Laune ansteckt. Sie läuft geduldig hinter mir und ich habe das Gefühl, dass sie nichts aus der Ruhe bringt. Auch wenn sie weniger Km auf den Beinen hat, sie ist wie wir alle, bis auf die Hauf durchnässt und kalt.

Ralph bringt uns heil ins Dorf. Danke Ralph! Es ist 3h und ich wage einen Versuch, bei Materes Chalet zu klingeln. Nicht 1 Minute später steht sie da: Genau so, wie sie immer ist: Mit viel positiver Energie und einem Lachen! Hinter ihr steht meine Hannah: Mit viel positiver Energie und einem Lachen! Wenn ich nur daran denke, wie schön es war die 2 so zu sehen, kommen mir die Tränen. Sie haben uns Teigwaren gekocht, Kaffee gebrüht und frische Brötchen aufgebacken. Wir legen unsere nassen Kleider ab. Nein ich war noch nie so nass. Wir plündern den Kleiderschrank meiner Mutter und hüllen uns in Tücher ein. Armons Energie ist auch aufgebraucht, seine Reise hört hier im Chalet meiner Mutter im warmen Bett auf. 

Hannah und Matere föhnen unsere Kleider und das um 3h in der Früh mit einer Engelsgeduld. 

Wir legen uns 20 Minuten in das von meiner Mutter bereitgelegten Matratzenlager. Hannah kuschelt sich neben mich und ich möchte nie mehr aufstehen. 

20 Minuten später weckt uns Matere. Ich rechne es ihr als Mutter hoch an, dass sie kein Mitleid zeigt und weiss, dass es das Projekt ist, das wir nun fortsetzen müssen. Ich möchte am liebsten nicht weg von diesem wohligen Chalet. Zu wissen, dass sie in Grindelwald stehen wird motiviert mich zum Aufbrechen. 

Mürren- Lauterbrunnen- Wengernalp, das ist quasi ein Homerun und ich bin froh, die Strecke gut zu kennen. So euphorisch es war, umso grösser wird der Dämpfer als wir die Wengernalp erreichen und uns eine tiefe Müdigkeit überrollt. Wir machen einen 30 Sekunden Powernap im Stehen. Anni schaut mich mehrmals etwas schräg an. Ich frage mich, was sie wohl überlegt: Sind meine Haare so verfilzt? Später sagt sie mir, ich sei etwas bleich gewesen. Wir gehen weiter und erreichen endlich die kleine Scheidegg auf 2061m. Das Restaurant ist wie eine Erlösung für mich. Im Innern folgt die 2. Erlösung: Es gibt frisches Rührei. Anni und ich bestellen noch einen Kaffee. Anja sagt der Kellnerin, dass sie keinen möchte. 2 Minuten später erklärt Anja der Kellnerin sie möchte auch Kaffee. Das Hirn von Anja war wohl gerade etwas auf Sparflamme. Der Schlaf am Tisch ist gut. Weniger gut sind die Blicke, die wir auf uns ziehen. Wir sehen aus, als wären wir aus einer Institution ausgebrochen und die ganze Nacht geflüchtet. Geflüchtet sind wir in der Tat, vor der Zeit, die läuft und läuft. 

Etappe 3: Grindelwald-Altdorf

Freitag, 7. September, 11:00 Uhr. Endlich sind wir in Grindelwald. Karin und Hannah springen mit uns ins Ziel. Dort steht meine liebe Matere und ich muss weinen, als ich sie sehe. Sie und Hannah bedeuten mir alles und beide hier zu haben ist einfach nur das Grösste! Ralph und seine Frau, Corinne, Nicole und Andrea sind da. Andrea taped mir meine Stinkfüsse und ich bin froh, hat sie noch eine Grösse grössere Schuhe für mich dabei. 40 ¾. Eine 41 oder 42 wären auch gut gewesen. Die Füsse sind wiedermal geschwollen und somit gibt’s Blasen. Auch ist Martin da und ich weiss in einer Sekunde, dass er der richtige Mann für die nächsten Tage sein wird. Martin habe ich am Irontrail kennengelernt. Er ist mit mir durch eine Nacht gelaufen und ich mochte schon damals seine ruhige und stoische Art.

Ich habe in seinem Laufbericht gelesen, dass er sich etwas Sorgen machte, ob er sich in unser Frauenteam eingliedern konnte- diese Sorge hatte ich nie. Wir kannten uns nicht gut, aber es war einmal mehr dieses Urvertrauen, dass es mit ihm mehr als gut kommt vorhanden.

Der Masseur ist ein Engel. Er knetet unsere Beine, auch ungeduscht und endlich stellt sich bei mir in diesen Wolldecken ein Schlaf ein. Das Massenlager ist voller Mücken, darum ziehe ich die Decke über den Kopf und lasse nur den Mund zum Atmen an der Luft. 

Nach 1.5 Stunden komme ich aus den Wolldecken heraus. Martin schaut mich leicht entsetzt an. Ich scheine nicht sehr rosig auszusehen. Natürlich sagt mir das niemand. Meine Lippen sind den Lippen von Jolie ähnlich. Die Mücken haben sie quasi in einer Stunde aufgespritzt.

Ich habe Mühe loszurennen. Martin öffnet uns jedes Viehgatter und ich bin ihm dafür unendlich dankbar. Anni läuft dicht hinter mir. Ihre Ruhe ist nicht gewichen, geschweige denn ihre gute Laune. 

Auf der Grossen Scheidegg 1962m erwartet uns Tätsch. Er hat sich spontan gemeldet, uns ein Zvieri zu ermöglichen. Er ist Gold wert und der Weg zum Zvieri in Rosenlaui verkürzt er mit Geschichten aus seinem Leben. In Rosenlaui empfangen uns eine Freundin von ihm und deren Tochter. Das Mädchen steht mit einem «Hopp» Schild da und führt uns zu einem Buffet mit allem, was unser Herz begehrt. 

Ich muss weinen vor Freude und Rührung- Anja auch. Danke für diese wunderschöne Geste!

Es wird kalt, wir müssen weiter. Wir erreichen Meiringen und werden erneut von Andrea und Karin empfangen. Sie sind einfach immer und überall mit Kuchen und Bier zur Stelle! 

Wir verabschieden Tätsch. Und Anni muss am nächsten Morgen früh im Spital arbeiten. Meine liebe Schwester Anni, bleib doch lieber bei mir! Ich kann kaum aufhören zu weinen. Es ist als würde einem in dieser kleinen Welt, weg vom normalen Leben ein Stück Herz herausgerissen werden. Manche Leser werden sich fragen, warum man so schrecklich emotional wird. Ich denke es ist die Müdigkeit und es ist dieses bisschen an Sicherheit, das man mit Anni und auch Anja und Martin verspürt, das man weggeben muss. Ein Ultra ist wie ein ganzes Leben. Er ist voller Höhen und Tiefen. Man hält sich fest an Dingen, die einem Stabilität geben;  man schiesst Dinge, die einem schaden könnten schnell ab. Die Bindungen zu den Mitläufern sind in kurzer Zeit so eng, als ob man einander ein Leben lang kennen würde. 

Ich fange mich. Ich bin froh habe ich noch Anja und Martin neben mir. Sie sind wertvoll und ich schätze ihre Anwesenheit. 

Der Aufstieg zu Planplatten ist lustig. Martin und ich lachen uns halb tot über diverse Dinge. Anja ist etwas ruhig und ich merke, dass sich die Müdigkeit auch bei mir plötzlich durchsetzt. 

Ziel wäre es, bis Engelberg durchzulaufen. Dort wartet ein Hotelbett auf uns für 2 Stunden und natürlich die liebe Karin und Andrea mit einem Abendessen. Es ist aber bereits Mitternacht und wir bewegen uns immer langsamer, verlaufen uns mehr und ich beginne Dinge zu sehen, die es gar nicht gibt. Anja hat seit Mittwoch alle toten und lebendigen Tiere vom Weg geräumt, was ich an ihr sehr schätze. Nun sehe ich aber die toten Tiere überall und frage mich, warum Anja nichts unternimmt. Anja hingegen will kurz einen Powernap einlegen und schlägt dafür mehrere Schafställe vor, die uns dienen könnten. Ich sehe keine Ställe, nur Felsen. Martin muss sich wohl wie im Irrenhaus fühlen…

Auf der Engstlenalp können Anja und ich keinen Schritt weiter. Es ist ca. 3 Uhr und anstelle von 3 Stunden Abstieg würden wir in diesem müden Zustand 5 Stunden brauchen. Wir beschliessen, bei einer Hütte anzuklopfen, da der liebe Gott auch bereits die Kapelle geschlossen hatte und wir keine Nacht mehr im Schnecken übersäten Biwaksack verbringen wollten. 

Beim ersten Haus mit Licht klopfen wir. Das Licht geht aus. Niemand öffnet. Beim 2. Haus sind noch Kerzen draussen. Anja meint, dass hier ein Läufer wohne. Ich frage mich, wie zum Teufel sie das wissen kann. Ah klar Der Migrossack mit dem Bild eines Läufers! Ich muss lachen.

Das Haus ist aussen übersäht mit Haken. Ich habe ein etwas mulmiges Gefühl. Auch als ich das tote Tier vor der Haustür sehe. Anja erschrickt sich auch darüber. Dass es sich um einen Kuhfladen handelt, stellen wir erst nach 2 Stunden Schlaf fest.

Ich klopfe. Ein mächtiger Mann öffnet mit nacktem Oberkörper die obere Tür zum Haus. Ich denke, dass Anja und ich das gleiche denken, als er die untere Tür öffnet. Huch, er trägt eine Hose. 

Ich stelle mich nicht einmal vor. Frage nur, ob wir uns kurz in seinem Stall hinlegen können. Der Mann ist etwas geschockt. Er schüttelt nur den Kopf über unser nächtliches Laufen und bittet uns herein. Wir erreichen seine Küche oder seine Tiermetzgstation, wie ich es vor lauter Müdigkeit einschätze. Wir legen uns sofort auf den Boden und nehmen uns die Decken, die herumliegen. Der Mann ist immer noch etwas konsterniert- kein Wunder. Er holt uns 2 Liegestühle und lässt einen Ofen an. Anja und ich legen uns sofort hin und er beginnt eine Suppe zu kochen und Käse und Fleisch zu schneiden. Während dem Schneiden beobachtet er uns immer wieder aus dem Augenwinkel. Ich tue das selbe im Liegen. Martin bleibt stoisch sitzen und lässt uns eindösen. Ich vertraue ihm und lasse meine Skepsis fliessen. Schlussendlich weiss ich nicht wer vor wem mehr Respekt hatte…

Wir bekommen eine Buchstabensuppe. Der Käse und das Fleisch sind liebevoll aufgeschnitten. Der Mann lässt uns essen und geht wieder schlafen oder wacht im anderen Raum. Dann schlafen wir 2 Stunden. Zwischendurch wird mir kalt und ich schnappe die Jacke des Mannes, um mich noch zusätzlich zu zudecken. Dann höre ich ihn und seine Frau im Nebenraum. Er zeigt durch die Tür auf uns: «Da sind sie» Die Frau hat ihm wohl nicht geglaubt. Es muss ein lustiges Bild sein für die beide, mich ungefragt in seiner Jacke liegen zu sehen. Der Mann findet es komisch, dass wir nach 2 Std wieder aufbrechen. Ev. wäre es weniger komisch gewesen, wenn wir ihm, unser Projekt erklärt hätten. Ich habe es inzwischen nachgeholt. Der gütige Mann heisst Alan und ist Koch. Danke Alan für Deine Gastfreundschaft!

Sehr ausgeruht und ohne tote Tiere zu sehen ziehen wir weiter. Wir erreichen Engelberg mit Karin und Andrea, die sich stündlich abwechseln, wer auf den Tracker schaut und wer schlafen darf. 

Karin rennt extra zur nächsten Bäckerei und holt mir 4 Gipfeli, die ich herunterschlinge. Martin und Anja essen das vom Hotel zur Verfügung gestellte Poulet mit Reis. Der Wirt ist ein Herz und eine Seele. Wir legen uns 1 Stunde ins warme Bett. 

Das Aufstehen ist pickelhart. Meine Füsse schmerzen grauenhaft und einmal mehr ist leichtes Traben einfacher als marschieren, weil so der Kontakt zum Boden kürzer wird. 

Wir kommen immerhin voran. Bis wir an eine Gruppe Italiener anlaufen. Keiner nimmt sich die Mühe zur Seite zu gehen, obwohl sie sehr viel langsamer auf dem Bergweg unterwegs sind.

Ich verliere die Nerven und fluche für mich. Martin und Anja lassen mich etwas nach vorne gehen und weiterfluchen. Sie haben Verständnis- ohne grosse Worte.

Die weisse Kapelle inmitten der Berglandschaft baut mich etwas auf und ich kann wieder das Tempo drosseln und mich in unsere Gruppe einfügen. Nun scheint Martin eine Krise zu haben. Ich bereue meine Stinklaune und wünsche mir nur, dass er nicht auf die Idee kommt, in Altdorf auszusteigen. Er hat immer gesagt, dass er uns nicht hemmen will. Das tut er nicht. Ich schätze ihn. Er läuft immer zuhinterst, prescht ab und zu nach vorne und öffnet Gatter. Ich weiss auf ihn ist, wie auf Anja, die ich, wie ich gerade bemerke kaum mehr erwähne in meinem Bericht, Verlass. Anjas Körper scheint meinem gleich zu tun. Wir haben im selben Moment Hunger, müssen im selben Moment einen Stockpowenap einlegen, frieren zur gleichen Zeit. Sie läuft runter voran, ich laufe nach oben voran. Ein Zusammenspiel, wie ein altes Ehepaar, das sich ohne Worte versteht.

Wir erreichen den Surrenenpass, 2289m. Ich mag die Aufstiege und ich habe sie zu Genüge trainiert. Das wird mir nun mit müden Beinen richtig bewusst. Der Körper bewältigt sie aus dem FF. 

Bergab tue ich mich schwerer, vertraue aber auf Anja. Es macht enorm viel aus, ihrem Weg zu folgen. Der, als ob er von den Römer gebaut wurde steinige Weg zieht mir kurz vor Altdorf den letzten Saft aus den Beinen. Technische Abschnitte zerren an den Nerven und den Beinen und ich bin froh, als wir uns endlich der Strasse Richtung Altdorf nähern.

Etappe 4: Altdorf-Vaduz

Samstag, 8. September, 16.00 Uhr. In Altdorf erwarten uns erneut unsere treuen Seelen Karin und Andrea, wie immer gut gelaunt. Corinne ist da, Morena, Susanne, Sean und Werner. Ich bin etwas am Ende und mag dem Journalisten kaum gross Auskunft geben. Ich möchte nur essen und schlafen. Was wir dann auch können. Diesmal auf dem warmen Rasen neben dem Restaurant. Der Tiefschlaf stellt sich trotz Ameisen schnell ein. Nach einer Stunde geht’s weiter. Andrea und Karin füllen unsere Flaschen und mentale Reserven auf und wir laufen relativ guten Mutes los. Wir wissen alle, es wird knapp Vaduz vor Mitternacht zu erreichen. 18h reicht sowieso nicht. Ich bin froh sagt Martin nichts mehr von einem Austritt. 

Ziel ist bis Linthal durchzulaufen und dort wieder in einem von Andrea und Karin organisierten Ort 2h zu schlafen.  Noch müssen wir den Klausenpass 1948m überwinden. Der Anstieg bereitet mir Mühe. Die Bilder, die auf dem Weg zum Gipfel angebracht mit Jesus, der das Kreuz auf dem Rücken trägt lassen meine Schmerzen etwas kleiner erscheinen. Ich kenne die Bibel nicht, halte mich aber plötzlich an diesen Bildern mental fest und bin froh, trage ich dieses schwere Kreuz nicht nur einen tollen Salomonrucksack gefüllt mit Schoggi.

Nach einem schönen, aber kurzen Picknick gegen Mitternacht, das sich anfühlt wie eines auf der Schulreise, wo man gespannt auf die Esswaren der anderen Gspändli wartet, geht es zwecks Kälte weiter. 

Kurz vor dem Klausen bin ich so müde, dass ich die anderen beiden zwinge, mit mir einen Powenap auf der Damentoilette des Klausenpasses durchzuführen. Der 20 minütige Schlaf wirkt Wunder bei mir, auch wenn es einmal mehr zu kalt war und der Abstieg Richtung Linthal fällt mir leicht. 

Anja scheint nun die Krise einzuholen, sie kämpft, aber wie immer ohne zu murren. Wir beginnen die Strecke nach Linthal auf der Strasse abzukürzen und vermeiden die technischen Wanderwege. So soll etwas Zeit gespart werden. Es ist unklar, ob ich noch vor Mitternacht Vaduz erreichen kann. Martin stellt sich als ein Karteleseheld heraus. George möchte nur auf die Originalroute zurück und meine Kartelesetätigkeiten sind sogar mit App lausig. Martin macht es wie immer mit Ruhe und Professionalität. Man merkt, dass er eine Militärkarriere hinter sich hat- eher punkto Survival- Dingen, weniger punkto autoritärem Verhalten.

Endlich sieht man Linthal. Wie immer kommt meine Standartfrage an Martin: Ist es das wirklich? Auch hier zeigt er wie bei jedem Dorf, bei dem ich 2x (für ihn gefühlte 20x) frage Geduld und bestätigt mir, dass es sich tatsächlich um Linthal handelt.

Karin und Andrea kommen uns entgegen auch wenn wir sie verpassen, es ist eine Freude sie im gemieteten Häuschen wiederzusehen. Es gibt Chinasuppe und ich geniesse es.

Anja geht duschen und ich bleibe lieber stinkig zurück. Keine Ahnung, woher sie die Energie für die Dusche nimmt.

Wir dürfen uns in die warmen Zimmer in die Betten legen. Ich schlafe sofort ein und erwache nach 1 Stunde im eigenen Schweiss. Das Bett ist komplett durchnässt und ich frage mich, wie wir das den Besitzern beibringen. Martin gings genau gleich. Später schildern Karin und Andrea, dass sie es irgendwie mit den Besitzern regeln konnten…

Anjas Knie schmerzt und ich mache mir kurz Sorgen. Ohne sie möchte ich nicht laufen. 

Zum Glück steht sie wacker auf und wir machen uns nach einem Kaffee und Brot auf den Weg. 

Es ist für mich der zweitschönste Pass, den wir erlaufen: Der Richtelipass auf 2261m. Der Aufstieg ist hart, die Landschaft mystisch. 

Die Sonne sehen wir erst auf dem Gipfel und ich bin froh, müssen wir nicht bei Hitze über den etwas bissigen Berg, da es nirgendwo Wasser hat. Es wird zur Normalität, dass jeder schaut, dass er genug isst, die Flaschen in Bächen oder Brunnen auffüllt und meine Angst, nicht genug essen oder trinken zu können ist längst verschwunden. Man wird eins mit seinem Körper und den Bergen. Und auch mit den beiden Läufern. 

Vor Elm lädt uns Martin noch auf ein Abschiedsgetränk und Chips auf einer Alphütte ein. Ich will gar nicht an Abschied denken. 

Nach Elm nehmen wir schlussendlich die Teerstrasse und ich bin froh, einen Rhythmus zu finden und meine Beine laufen zu lassen. Kurz vor Elm stehen zwei Kinder aus Burgistein mit einem Schild: Hopp Brigitte. Yaelle und Joshua rennen mit mir bis zu Andrea und Karin, Ich bin gerührt. Danke ihr 2 für die schönen Zeichnungen, sie hängen nun am Kühlschrank.

In Elm gibt es Lagebesprechung. Das Ganze vor Ende des Tages durchzubringen wird knapp. Somit wird auch die Pause knapp. 30 min- mehr nicht.

Anja muss schweren Herzens hier aussteigen. Ihr Mann und die Kinder sind auf dem Weg hierher. Da sie noch eine lange Reise vor sich hat, kann sie unmöglich erst um 23h in Vaduz sein.

Es zerreisst mir einmal mehr das Herz sie gehen zu lassen. Wir sind in diesen Tagen eng aneinandergewachsen. Haben Höhen, Tiefen mit und ohne Worte erlebt. Haben gelacht, geweint und ich hatte einmal mehr das Gefühl, dass ich einen Teil von mir in Elm zurücklasse.

Liebe Anja, Du bist eine wunderbare und starke Frau! Am Anfang unseres Abenteuers hast Du mir gesagt, dass alte Pferde zuverlässig sind. Genau das warst Du- zuverlässig (das Alter habe ich nicht gespürt). Ich habe Dir blind vertraut und mich immer auf Dich verlassen können. Ich danke Dir von Herzen!

Es wird mir fahl im Magen, wenn ich daran denke, alleine über den Foopass zu gehen bis Vaduz. Für Martin ist es kein Thema: Er kommt spontan noch mit. Ob man sowas auch im Militär lernt? Ich weiss nicht von wo Martin diese Kraft findet, trotz mentalem Abschluss noch weiterzulaufen. Aber ich, ich weiss, dass ich ihm sehr dankbar bin. Auch dankbar folge ich seinen Erzählungen über Familie, Arbeit und Kollegen bis zum Pass. Ja, Brigitte das ist der Foopass, wiederholt er auch hier meine nervige Frage.

Nach einer Tafel Schokolade verlassen wir den Pass.  Der Abstieg ist bissig, technisch. Ich weiss, dass Martin auf der nächsten Alp aussteigen wird und mit meinem Auto zum Bahnhof fahren wird. Karin wird von dort mit dem Velo vor mir fahren bis Vaduz, Andrea wird mit dem Auto vor Karin fahren und die schnellste Strecke ausfindig machen. Die Zeit drängt. 

Zum 10. Mal frage ich Martin, wieviele km es von der Alp nach Vaduz auf der Strasse sind: 37km.

Es bleiben auch nach 5 min Fragepause noch 37km. Und es werden genau 37km sein, Martin!

Mir graut vor diesem Fast-Marathon auf der Strasse. Ich hasse Strassenläufe. Sie verlangen mir alles ab. Und ich hasse es, Martin nicht mehr neben mir zu haben. Martin Du warst GROSSE KLASSE!

Ich gebe Andrea und Karin meinen Rucksack ab und laufe mit nur dem Handy und Musik in den Ohren los. George habe ich umgestellt und er soll nun zuverlässig nach jedem km an meinem Arm surren. 

Wider Erwarten fallen mir die ersten km sehr leicht. Es ist wohl das fehlende Gewicht am Rücken. Ich stelle mir vor, dass Anja vor mir läuft. Es geht mir gut. Die Schnapsidee kommt auf, dass ich vielleicht doch lieber Strassenmarathons laufen sollte. 

So schnell der Gedanke da war, so schnell ist er weg. Bei km 10 auf der Strasse wird es mir zu schnell, zu schmerzhaft und ich drossle mein Tempo. Karin wartet immer irgendwo auf mich und fährt dann weiter. Wir erreichen Mels. Mels schlägt ein wie ein Hammer. Die vielen Lichter, die Menschen und der Verkehr bringen mich schier um den Verstand. Zu lange waren wir alle 3 Eins mit der Natur. Ich sehe Andreas Auto. Sie lotst Karin, diese wiederum lotst mich. Ich fluche zu Andrea. Diese hat aber kein Mitleid und treibt mich an- was habe ich auch anderes erwartet von einer so erfolgreichen Läuferin. Karin hat auch kein Mitleid. Ich schnauze sie an, sie solle gefälligst weiter vor mir fahren. Sie nimmt es gelassen und erhöht die Distanz auf ca. 50m. Als meine Stirnlampe aussteigt schnauze ich sie an, sie soll näher bei mir sein. Arme Karin. Dass sie auch nicht mehr auf dem Velo sitzen mag, habe ich mir nicht annähernd vorgestellt. Dann sehe ich endlich das Schloss des Fürsten von Vaduz. Es thront wie ein Engel vor mir. Ich weiss ich muss nur das erste Ortsschild von Vaduz erreichen. Dann sehe ich es von Weitem- da stehen Corinne, Andrea und Sarah von Liechtenstein Tourismus. Die Lämpchen, die mir den Weg weisen sehe ich vor lauter Tränen nicht mehr. 

Am Ziel

Es ist 23.23 Uhr. Es hat gereicht. Wir haben es alle geschafft. 

Wir - wir alle, die einen Teil dieses grossen Projekts waren. Die, die mitgelitten, mitgefiebert, endlos gewartet haben. Gekocht, gewaschen, getapet haben, gecoacht, organisiert, Kleider geföhnt haben, massiert, geführt, getrackt, gekocht haben. Schilder aufgestellt haben, aufmunternde Worte geschickt haben und ans Projekt geglaubt und gespendet haben!

Mein Dank geht besonders an:

  • Meine Mitläufer: Connie, Seraina, Tätsch und Armon und die super Pferde Anja, Martin und Anni.

  • Unsere Betreuer: Andrea und Karin, Ihr seid unbezahlbar.

  • Chance Swiss: Corinne, Gereon, Nicole. Danke, dass ihr unermüdlich für die Armen da seid.

  • Morena, die so viel im Hintergrund fürs Projekt geschuftet hat.

  • Susanne und Werner, die v.a in der Kommunikation einmal mehr stark waren.

  • Ralph Näf, der seinen Job als Risiko Manager mehr als erfüllt hat und Tag und Nacht für uns da war.

  • Trackmaxx: mit Reto und Michael, die uns das Live Tracking ermöglich haben und uns auf immer auf den rechten Weg geführt haben.

  • Unseren Sponsoren BKW, just drive, Platzhirsch, die das Projekt überhaupt möglich gemacht haben.

  • Den Sachspendern: Bigfriends, Salomon und Suunto. George you are my SUPERSTAR.

  • Den Gemeinden Adelboden, Lenk, Kandersteg, Altdorf, Grindelwald und Liechtenstein für die Gastfreundschaft.

  • Den Hotels und Unterkünften in Engelberg und Linthal.

  • Francis für die Massage.

  • Matere und Hannah für die nächtliche Föhnaktion und das Essen und, dass ihr immer für mich da seid und mich unterstützt und in Gedanken immer mitläuft. 

  • Matey für Deine Geduld und Ausdauer mit mir und Deine motivierende Art.

  • Guillaume für den Höhnemeterreichen Trainingsplan.



Rennbericht Montane Spine Race - Brigitte unplugged

Ich sitze am Flughafen in Edinburgh und es ist schwer, die Augen offen zu behalten. Die vielen Menschen hier sind gewöhnungsbedürftig. Zu lange war ich auf weiter Flur alleine in der Natur.  

Nachdem wir gestern um 19 Uhr die Hauswand des kleinen Pubs erreicht hatten, bin ich nach ordentlicher Essensportion in meinen Schlafsack gefallen und eingeschlafen. In der Nacht dachte ich mehrmals, dass ich aufstehen müsse und weiterlaufen sollte. Der wenige Schlaf ist tatsächlich etwas vom Härteren an diesem Rennen.    

Aber alles von Anfang an: Samstag, 8 Uhr in der Früh. Wir stehen an der Startlinie und warten, dass das Abenteuer beginnen kann. Es ist mein längstes Rennen bisher und ich bin nervös. Heinz, der einzige Mann aus der Schweiz und ich laufen zusammen los. Wir ergänzen uns gut, auch wenn das Tempo etwas zu optimistisch zu sein scheint. Aber wir sind beide der Meinung: Was me het, das het me.

Wir laufen gut zusammen. Meine Suunto stellt sich als navigatorischer Held heraus und bekommt den liebevollen Namen George. Ich stelle fest, dass ich auch alleine laufen könnte, was mich beruhigt. Nach längerem Laufen in horrender Hitze kommen wir an einen Snackstand. Ich gönne mir drei Dosen Cola und Heinz eine Wurst. Wir laufen gut weiter und beschliessen, am Checkpunkt 1 nur kurz warme Kleider anzuziehen, zu essen und die Nacht durchzulaufen. Äbe, was me het, das het me!

Auch die Nacht läuft gut. Der Mond ist hell, George übernimmt die Navigation und wir kommen gut voran. Plötzlich kommen wir an ein Schild: Food in 500m. Heinz meint: wohl nicht mitten in der Nacht. Was für eine Überraschung: doch mitten in der Nacht treffen wir auf zwei Männer, die uns auf einem mobilen Herd ein warmes Baconsandwich kochen. Vegetarismus adee – sorry, liebes Schweinchen, aber das war einfach nur fantastisch und eine rettende warme Mahlzeit in der kalten Nacht.    

Es wird heller, Heinz und ich werden müde und legen uns für 10 Minuten auf den Weg. Die Kälte und Nässe lässt einem aber kaum schlafen. Wir laufen weiter und wissen, dass wir bei Checkpunkt 1.5 schlafen müssen. Es wird heiss, doch wir ziehen das Tempo durch. Bei Checkpunkt 1.5 schlafen wir auch nicht. Erst bei Checkpoint 2 soll etwas geschlafen werden. Bis dahin ist es ein weiter Weg. Plötzlich merke ich, wie müde ich werde nach 24 Stunden ohne Schlaf. Ich lasse Heinz ziehen und drossle das Tempo.    

Laufen mit mangelndem Schlaf ist eine neue Erfahrung für mich. Die Leistungsfähigkeit nimmt massiv ab und ich beschliesse, bei Checkpoint 2 zwei Stunden zu schlafen. Bis dahin ist es ein langer, heisser Weg. Meine 3-Liter Trinkflaschen sind leer, und ich bin unendlich froh, dass ich in der Ferne ein Dorf sehe. Ich weiss, dass ich beim ersten Haus anklopfen werde und um Wasser bitten muss. Es kommt aber viel besser: da ist ein Cafe!!! Die roten Sonnenschirme sind die Erlösung! Ich kaufe 3 x 5dl Flaschen Cola, 1 Glace, sehe, dass jemand Frappe bestellt hat, bestelle 5dl davon, sehe, dass ein Mann ein Eiertoast isst und verlange auch eines. Der Wirt fragt mich, wo ich und die anderen sitzen, ich zeige auf den einsamen Tisch und er lacht. Während ich alles in 10 Minuten verschlinge, klärt mich der Wirt über den Schweizer Fussball auf. Ich sehe nur Essen, der Fussball ist mir ziemlich egal.    

Dann höre ich, dass die zweite Frau bald hier sein wird. Der Ehrgeiz packt mich und ich breche auf. Nach weiteren sechs Stunden erreiche ich endlich Checkpoint 2. Als ich aus den Schuhen steige, meint die Ärztin: Bridget, you will come with me. Hm ja, die Füsse sind eitrig und voller blasen. Der Nagel? Nein, den spüre ich nicht mehr. Während mir zwei Ärzte die Füsse verbinden, bekomme ich eine warme Mahlzeit, dann lege ich mich für zwei Stunden in meinen Schlafsack.    Der Schlaf stellt sich nicht wie gewünscht ein, zu sehr schmerzen die Füsse. Ich beschliesse, um Mitternacht loszulaufen. Vor dem Laufen in der Nacht hatte ich immer Respekt. Nun ist es wider Erwarten eine wunderschöne Erfahrung. George ist zuverlässig und ich geniesse den langen Anstieg, das Erreichen eines Gipfels und den einsamen Downhill. Ich komme mir vor wie in der Wüste, nur Hügel, kein Haus weit und breit. Hier und da liegt ein toter Hase auf dem Weg. Gewöhnungsbedürftig.    

Die Sonne geht um 5 Uhr auf, es wird heller. England schläft und ich habe eine grosse Strecke hinter mir gelassen. Ich bin stolz auf mich. Die Laune wird gut, ich singe und geniesse es. Dann erreiche ich Tan Hill, den höchstgelegenen Pub Englands. Dort werde ich wie immer liebevoll umsorgt: Porridge und Eiertoast. Beides schlinge ich dankbar hinunter. Ich will weiter, denn der Weg ist noch lang. Gegen Mittag schlägt meine Laune um. Die Füsse schmerzen so sehr, dass ich kaum noch gerade laufen kann. Leichtes Joggen geht, weil dann der Fuss weniger lange auf dem Boden liegt. Wanderer überholen mich und sie müssen etwas lachen über meinen grauenhaften Laufstil. Das heitert mich auf. Ich möchte nur Checkpoint 3 erreichen. Die letzten 10 Kilometer  ziehen sich endlos dahin. Die Hitze setzt mir zu. Die Füsse schwellen an und scheinen den Schuh zu sprengen. Ich versuche zu weinen, aber nicht einmal das geht. Keine Tränen, nur ein Heulen bringe ich zustande. Das Heulen muss dem meiner Hunde ähnlich sein, wenn ich das Haus verlasse. Dann steht er da: John, einer der Supporter. Er ruft: you are the first lady! Dann fragt er mich, ob ich die jungen Enten gesehen habe und zeigt mir Bilder auf seinem Telefon. I dont really care about these stupid ducks, die Enten sind mir ehrlich gesagt mehr als egal. Ich möchte nur aus den Schuhen raus und die Füsse aus den Bandagen nehmen.    

Checkpoint 3: ein wunderbares Curry, ein Topf mit kaltem Wasser für meine Füsse, eine super Ärztin, die mir die Füsse wieder neu tapt und 1.5 Stunden Schlaf, dann muss es weitergehen. Ich möchte nicht am Tag in dieser Hitze laufen. Die Füsse werden so dick und schmerzhaft, dass weniger Schlaf das kleinere Übel ist. Wider Erwarten komme ich gut voran. Die Nacht ist klar und George zuverlässig. Bei den Mutterkuhherden muss ich von Georges empfehlung abweichen. Be careful: bull! Hm, da mache auch ich freiwillig einen grossen Bogen. Ich gelange an einen langen Fluss und geniesse die Ruhe. Einmal möchte ich hierher zurückkommen. Man ist alleine mit der Natur.    

Am Ende des felsigen Anstiegs erwartet mich ein Supporter mit Kaffee und Porridge. Herzlichen Dank! Wenn die Sonne aufgeht, werde ich 30 Minuten schlafen. Vorher ist es zu kalt und zu nass. Ich liege direkt auf den Weg und versuche den Wecker zu stellen. Das reicht nicht mehr – schon bin ich im Tiefschlaf. Etwas Glibberiges weckt mich: ein Frosch sitzt auf meinem Oberschenkel. Well hello! Ich stehe auf und laufe weiter, durch die schönsten einsamen Berge, Schafe, Wildpferde. Es geht mir gut. Ich erreiche die Hälfte der Strecke bis zu Checkpoint 4 und freue mich auf die vier Berge, die zu überwinden sind. Meine Muskeln sind guten Mutes. Ich bin dankbar, dass ich so fleissig in das Krafttraining investiert habe. Die Berge liegen mir und ich komme gut voran. Wieder 10 Kilometer vor Checkpoint 4 kommt der grosse Schlag. Es ist heiss, der Weg zieht sich endlos und ein Dorf ist nirgens zu sehen. Zwei Wanderer muntern mich auf und geben mir Wasser. Ein Mann mit hervorstehenden Zähnen fragt mich: do you want jelly babies? Nein, ich will keine, aber muss zum ersten Mal etwas lachen.    

Endlos dankbar erreiche ich Checkpoint 4. Alex, einer der Ärzte, schüttet mir kaltes Wasser über den Kopf und nimmt meine Tapes von den Füssen. Minutiös werden die neuen Blasen geöffnet und eingetaped. Ob ich noch grössere Schuhe habe? Hm, nein, nur eine Grösse 40, die ist schon drei Nummern grösser. Ich fühle mich wie Aschenbrödels Konkurentin, die versucht, sich in den zu kleinen Schuh zu zwängen. Ich will weiter. Ich mag die Nacht und weiss, dass sie mich weiterbringt. Doch diesmal ist die Nacht der reinste Albtraum. Die Füsse schmerzen so sehr, dass ich das Gefühl habe, ich müsse meine Schuhe aufschneiden. Die Stöcke sind die Rettung und ich stütze mich die nächsten Kilometer durch Schafherden und Kuhherden ab. Die Schafe beginnen mich zu nerven. Sie rennen immer in die falsche Richtung. Will ich selber wirklich Schafe? Oder doch lieber zwei Schweinchen?    

Der Koffeinshot bringt nichts und meine Augen fallen mir permanent zu. Nach dem langen Moor werde ich kurz abliegen. Das Moor ist endlos, nass und kalt. Ich bin zu müde und lehne mich an ein Kuhgatter. Den Wecker zu stellen schaffe ich nicht mehr.  Get up, höre ich jemanden rufen. Es ist Bobby, ein Läufer mit einer wahrscheinlich gebrochenen Hand. Er ist das Spine bereits im Winter gelaufen und ich schätze seine Gesellschaft, auch wenn er kein Kommunikationswunder ist. Wir laufen zusammen weiter. Es ist gut, jemanden neben sich zu haben, auch wenn er nur schweigt. Ich schenke ihm meine Cola, Karma, versteht sich. Wir passieren Hadrians Wall, einen endlosen heissen Wald und dann erklärt mir Bobby, wo Checkpoint 5 ist: 10 Kilometer, noch drei Hügel. Diese verfluchten 10 Kilometer, die sich immer ins Endlose ziehen. Die Füsse sind so geschwollen, dass ich lieber laufe anstatt zu marschieren.

Wir erreichen Checkpoint 5! Nur noch 64 Kilometer! Bobby und ich essen, die Ärzte kümmern sich um unsere Füsse. Diesmal möchte ich so wenig Polster wie möglich. Zu sehr schmerzen die zu kleinen Schuhe. Ich versuche zu schlafen, es funktioniert nicht und Bobbys Schlaf scheint sich auch nicht einzupendeln. Wir laufen bereits um 22 Uhr los. Kieran schliesst sich uns an. Kieran ist ein gutmütiger, fröhlicher Mann. Er bringt mich zum Lachen. Auch wenn er dreimal die gleichen Fragen stellt, ich schätze seine Anwesenheit. Ich vergesse kurz die schmerzenden Füsse und wir kommen gut voran. An einem Waldrand schlägt Bobby einen Powernap vor: 17 Minuten. Whyever 17! Wir erwachen vorher vom Geräusch unserer zitternden Beine in den langen Hosen. Die Nächte sind enorm kalt. Nun kämpfe ich richtig mit dem Schlaf und versuche möglichst schnell zu laufen, um dann am Weg kurz abzusitzen und zu schlafen, bis mich die zwei Männer einholen. Beim zweiten Nap auf dem Weg erwache ich und sehe Kieran schlafend neben mir. Ich muss lachen über dieses Bild: zwei Käfer auf dem Rücken ... er schreckt auf und wir gehen weiter.  

In beissender Hitze kämpfen wir uns durch die letzten grossen Berge. Dann springt Bobby plötzlich los. Kieran und ich denken, er hat ein Hirngespinnst. Nein, er sieht Hut 1, den zweitletzten Checkpoint! Es ist eine kleine Baracke im Niemandsland. Wir bekommen Wasser und legen einen kurzen Powernap ein. Wie neugeboren laufen wir weiter. Bobby erklärt uns, wo Hut 2 liegt. Drei Stunden weit weg von hier. Drei Stunden werden zu einem Nichts im Verhältnis zu diesen langen Tagen. Wieder die Füsse, die zu platzen scheinen. Ich erinnere mich an Atemübungen bei der Geburt meiner Tochter. Damals fand ich das eher lächerlich. Nun wende ich sie an. Einatmen und mit fünf Stössen ausatmen. Die Schmerzen nehmen ab, respektive das Atmen lenkt ab. Kieran muss lachen. Doch schon bald hat er solche Schmerzen im Fuss, dass er meine Übungen mitmacht. Ich gebe ihm meine Stöcke. Später kommt aus, dass er einen Ermüdungsbruch am Fuss erlitten hatte.    

Wir ziehen das nun durch. Hut 2: Es gibt Schokolade von einer Wandererin, dann die letzten 10 Kilometer. Auch die sind lang, aber es sind die letzten. Ich weine vor Glück. Wir waschen uns im Bach und stehen samt Schuhen in das Gewässer. Dann sehen wir ihn, den Pub, die Mauer – endlose Dankbarkeit!    

Das war mein härtestes Rennen bisher. Die Füsse haben mich an eine nie erlebte Schmerzgrenze geführt. Beim nächsten Rennen laufe ich mit fünf Nummern grösseren Schuhen!!! Das Rennen ist ein Abschätzen folgender Komponenten: Schlaf, Tempo, Essen und Trinken. Mit mehr Schlaf läuft es sich besser, weniger Schlaf kann aber auch ein früherer Zieleinlauf bedeuten. Laufen in der Nacht ist beruhigend, kühl, schön. Trink, soviel du kannst, das Gewicht zu tragen lohnt sich. Die Schuhe müssen mind vier Grössen grösser sein. Hoka? Hm, doch lieber Columbia? Zuviel Tape ist nicht gut. Atemübungen sind der Hit. Eier sind die Retter! Iss soviel davon, wie du bekommen kannst. Höre auf deinen Körper. Er läuft auf Sparflamme, aber er sagt dir immer, was er braucht. Laufe langsamer, wenn es der Körper wünscht, gebe Gas, wenn du kannst. Weine und lache!  

Vier Tage nach dem Rennen erwache ich immer noch jede Nacht mit dem Gedanken, dass ich weiter muss …    

Vielen lieben Dank an:    

  • Materli und Hannah für eure schönen Nachrichten und das Halten der Stellung. Danke, dass ihr meine Leidenschaft unterstützt! Hannah: geh immer deinen weg, mach aus deinem Leben, was dich glücklich macht, denn du hast nur eines! Ich werde dich dabei immer unterstützen!    
  • Matey für deinen riesen Support – du bist der Beste!    
  • Suunto für George – die Uhr ist der Hammer und hat mir das nötige Selbstvertrauen geschenkt.  
  • Salomon für den grandiosen Rucksack!    
  • Daniela für die gute Energie und das Vorbereiten meines Gerüsts.    
  • Ueli für das aufpeppen meiner Hüfte.    
  • Bigfriends für die Kleider und Schuhe – die Regenjacke von Raidlight ist der Wahnsinn!    
  • Susanne und das Team von RUN FOR HOPE, die mich immer unterstützen und pushen.
  • Chance Swiss für die Wahnsinnsprojekte, die ich kennenlernen durfte und die mich motivieren, immer mehr zu geben, und für den Glücksbringer fürs Rennen!
  • Alle, die mich immer unterstützen und motivieren, weiterzulaufen.


Generalprobe für VIA ALPINA: Die Vorbereitungen laufen

Keine drei Monate vor der Schweizdurchquerung auf der VIA ALPINA zieht es Brigitte erneut nach England, wo ein weiteres Laufabenteuer auf sie wartet – das bisher längste Rennen ihres Lebens. 

«In 13 Tagen ist es soweit und ich stehe an der Startlinie des MONTANE Spine Fusion Rennens, 430 Kilometer nonstop entlang des Penninen Gebirges durch Nordengland. Heute stand das letzte lange Bergtraining an. Nächste Woche folgen noch sechs lockere Laufentrainings und Rennradeinheiten, dann ist Ruhen angesagt. Ruhen für mein bisher längstes Rennen und einer grossen mentalen und körperlichen Herausforderung.

Laufe so schnell du kannst, das Flugzeug wartet nicht!
— Brigitte Daxelhoffer

430 Kilometer bis zur Hausmauer  
Der Plan steht: Ich habe mir die 430 Kilometer auf exakt 6 Tage und 6 Nächte aufgeteilt. Nach 6 Tagen und 6 Nächten muss ich die Zielline erreichen, respektive eine Hausmauer, die man nach diesem Rennen berühren muss. Der Flug zurück in die Schweiz ist für Freitag Abend gebucht. Das Motto für diesen Lauf lautet also: Laufe so schnell du kannst, das Flugzeug wartet nicht!»  

Titelbild: Mike Green



VIA ALPINA findet neu im September 2018 statt

Die Idee, 2018 die VIA ALPINA zu durchlaufen, entstand im letzten Jahr einmal mehr als spontanes Herzblut-Projekt von Brigitte - ein Markenzeichen von RUN FOR HOPE. In den letzten Wochen erwies sich das Vorhaben allerdings als zunehmend komplex. Vor allem der überdurchschnittliche Schneefall in den Bergen bereitete uns Sorgen. Gleichzeitig stiess das Projekt auch bei weiteren Läufern auf grosses Interesse, und einige von ihnen möchten die VIA ALPINA ganz oder teilweise mitlaufen.  

Sicherheit geht für das gesamte RUN FOR HOPE-Team in jedem Fall vor. Nach Rücksprache mit dem sachkundigen Bergführer, der unser Projekt seit einiger Zeit begleitet, haben wir uns deshalb entschieden, den Lauf im September anstatt wie geplant im Juni dieses Jahres durchzuführen. Somit wird Brigitte – gemeinsam mit weiteren interessierten Läufern – am 5. September in Montreux starten und voraussichtlich am 9. September in Vaduz eintreffen.

Bereits jetzt fiebern wir dem Abenteuer VIA ALPINA entgegen!



RUN FOR HOPE 2018: Quer durch die Schweiz - Schutz und Bildung für die "Unberührbaren"

5 Tage, 380 Kilometer und 25'900 Höhenmeter: Ende Mai 2018 rennt Brigitte entlang der VIA ALPINA quer durch die Schweiz - ein persönlicher Rekord, der Brigitte am Herzen liegt: Die Ultra Trail Läuferin sammelt Spendengelder für die ausgestossenen Kinder der indischen Dalit-Gemeinde und will dabei andere Menschen motivieren, ihre Leidenschaft mit Taten zu verbinden. 

FOR HOPE will auch 2018 etwas bewegen, und das gleich vor der Haustüre: Ab 30. Mai 2018 rennt Brigitte in fünf Tagen quer durch die Schweiz - 380 Kilometer und 25'900 Höhenmeter entlang der Via Alpina. "Nach diversen Läufen im Ausland zog es mich zurück in die schöne Schweiz, der ich viel verdanke", sagt Brigitte. Die Strecke, die über 14 der schönsten Alpenpässe führt, wurde so noch nicht offiziell gelaufen. 

Viel wichtiger als der sportliche Anreiz ist für Brigitte der Zweck des Laufs. Im Januar hat sie Indien besucht und wurde dabei auf die Dalit-Gemeinde aufmerksam. Trotz des offiziellen Verbots des Kastenwesens werden diese Menschen immer noch als "Unberührbare" stigmatisiert und seit Generationen von der Gesellschaft verachtet, erniedrigt und missbraucht. "Ihre Aufgabe ist es nach wie vor, die Leichen der Stadt zu verbrennen und die Strassen sauber zu halten", erzählt Brigitte. "Die tiefe Armut und die Chancenlosigkeit auf ein besseres Leben haben mich motiviert, 2018 für die Kinder der Dalit-Gemeinde zu laufen."

Mit ihrem Lauf unterstützt Brigitte New Light, eine Partnerorganisation von Chance Swiss, die sich in Kalighat um die ausgestossen und diskriminierten Kinder kümmert. New Light versorgt die Jungen und Mädchen mit Essen, stellt die medizinische Versorgung sicher und organisiert den Schulbesuch und die Hausaufgabenbetreuung. Für die Kleinsten gibt es einen Kindergarten, in dem sie mit kindgerechten Spielen ihre Kreativität entfalten können. "Ich konnte mich vor Ort von der tollen Arbeit von New Light überzeugen", erzählt Brigitte. 

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Mit ihrem Engagament will Brigitte aufzeigen, dass jeder auf seine Weise etwas zum Guten bewegen kann. VIA ALPINA will Menschen motivieren, ihre eigenen Ressourcen für den guten Zweck einzusetzen und eigene Hoffnungsspender zu mobilisieren - sei es durch das Mitlaufen einer Teilstrecke als Spendenlauf oder weiteren persönlichen Spendenaktionen. Sämtliche Spenden fliessen zu 100 Prozent in das gemeinsame Spendenziel "New Light". RUN FOR HOPE nimmt ab sofort Laufspenden und Sofortspenden entgegen.   

RUN FOR HOPE gibt es in diesem Jahr zum Anfassen: Wir sind an verschiedenen Streckenposten präsent und begleiten Brigitte "live" bei ihrem Schweiz-Abenteuer.

Mehr zu RUN FOR HOPE 2018 erfahren →